Spandau: Altstädter Ring

Transformative Mobilität und urbane Lebensqualität

Unser Konzept für den Altstädter Ring, die Umgehungsstraße der Spandauer Altstadt, legt den Fokus auf die Transformation der Mobilität und schafft eine urbane Umgebung, die gleichzeitig ökologische Nachhaltigkeit fördert. Da neue Mobilitätskonzepte grundsätzlich die Bereitstellung entsprechender Flächen verlangt, sieht unsere städtebauliche Intervention einen neuen Stadtpark über dem Altstädter Ring vor. So können neue Erholungs- und Aufenthaltsorte mit zukunftsfähigen Verkehrs- und Logistikkonzepten verknüpft werden.

© Maximilian Meisse
© Maximilian Meisse

Analyse der Problemstellungen

Der Altstädter Ring mit seinen sechs Fahr- und vier Busspuren vor dem Rathaus ist ein Knotenpunkt für den motorisierten Individualverkehr, den Busverkehr, die U7 und den Fern- und Regionalverkehr der Bahn. Die hohe Verkehrsdichte führt zu Staus, Luftverschmutzung und Lärm. Der Parkraum entlang der Umgehungsstraße beansprucht zu viel versiegelte Flächen. Die Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsträger ist unzureichend. Die Wegeverbindungen für Fußgänger sind mangelhaft, die Aufenthaltsqualität ist schlecht. 

Die Straßenräume sind überproportioniert und die Verkehrsflächen sind städtebaulich unstrukturiert. Die hierfür in Anspruch genommenen innerstädtischen Flächenpotentiale sind erheblich und könnten z.B. für neue Wohnquartiere besser genutzt werden. Als zentrale Verkehrsdrehscheibe ist eine effiziente Planung der Mobilitätskonzepte nötig. Die durch die Verkehrstrassen bedingte Trennung der Stadtteile beeinträchtigt die fußläufige Erreichbarkeit und die sozialverträglichen Aufenthaltsqualitäten. Derzeit ist es nur an drei Stellen möglich, den Straßenkörper zu Fuß zu überqueren. Die aktuelle Situation umfasst pro Fahrtrichtung drei Fahrspuren für den Individualverkehr und eine für Busse, sowie den separierten Raum für Haltestellen. Dies bedeutet eine Gesamtbreite des Straßenkörpers von 35 Metern. 

Hohe Verkehrsdichte: Eins der schwerwiegenden Probleme ist die Summe aus Individual-, öffentlichem- und Lieferverkehr auf dem Altstädter Ring in Kombination mit den Verkehrsträgern der Bahn. Der Straßenkörper fungiert als Bindeglied zwischen zwei wichtigen Einfallstraßen nach Berlin für mehr als 50.000 Autos täglich. Diese hohe Verkehrsdichte führt nicht nur zu Staus und Verkehrsbehinderungen, sondern auch zu Umweltbelastungen durch Luftverschmutzung und Lärmbelästigung. Der Altstädter Ring ist ein wichtiger Mobilitätsstandort und eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens ist daher nicht möglich. Nur eine umfassende Umstrukturierung der Flächen kommt als vielversprechende Lösung der aktuellen städtebaulichen und verkehrstechnischen Probleme in Frage. 

Übermäßiger Parkraum: Aktuell sind über 110.000 qm versiegelte Fläche für Parkräume mit etwa 4.300 Stellplätzen belegt. Diese Fläche beansprucht einen beträchtlichen Teil des städtischen Raums und muss neu sortiert werden. Es besteht die Notwendigkeit, alternative Lösungen für die Parkraumbewirtschaftung zu finden, die den Platzbedarf des ruhenden Verkehrs reduzieren und gleichzeitig den Bedürfnissen der Nutzer beim Wechsel der Verkehrsträger gerecht werden.

Zentrale Verkehrsdrehscheibe: Als Knotenpunkt für 14 Buslinien, die U-Bahnlinie U7 und die zukünftige Erweiterung der U-Bahnlinie U2, sowie den Fernverkehr am Bahnhof Spandau spielt der Altstädter Ring eine entscheidende Rolle im öffentlichen Verkehrssystem. Diese zentrale Lage bietet Chancen für eine effizientere und nachhaltigere Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs. Als Drehscheibe und Mobility Hub, ist jedoch eine integrierte Planung des Stadtraums, eine optimierte Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel und eine Umstrukturierung der Neubaupotentiale erforderlich.

Trennung zwischen Stadtteilen: Die durch den Straßenkörper des Altstädter Ringes verursachte Trennung zwischen den Stadtteilen trägt maßgeblich dazu bei, dass die soziale und wirtschaftliche Integration von Wohnen und Gewerbe behindert wird. Die historische Altstadt Spandaus ist von anderen Stadtteilen abgeschirmt, was die Mobilität und den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen erschwert. Durch mangelnde Transparenz und fehlende Wegeverbindungen werden soziale Brennpunkte gefördert, sowie Kontrollmechanismen ausgeschlossen. 

Fehlender Bahnhofsvorplatz: Einer der gravierendsten Mängel ist das Fehlen eines angemessenen Bahnhofsvorplatzes vor den Bahnhof Spandau. Ein Vorplatz dient nicht nur als ein ästhetischer Willkommensbereich für ankommende Reisende, sondern bietet auch eine wichtige Funktion als Knotenpunkt und Verteilerfläche für verschiedene Verkehrsmittel. 

Mangelnde Aufenthaltsqualität: Ein weiteres Problem ist die fehlende Aufenthaltsqualität des gesamten Stadtraums. Die Bushaltestellen bieten kaum Sitzgelegenheiten für ältere Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität und sind schlecht gegen Witterungseinflüsse geschützt. Eine erkennbar sichere Möglichkeit für Fußgänger die Straße zu überqueren fehlt. Gut platzierte und sichere Fußgängerüberwege sind nicht erkennbar. Dies verringert u.a. die Akzeptanz des öffentlichen Nahverkehrs.

Ungenutzte Grünflächen in den Parks: Parks sind essenzielle Bestandteile urbaner Lebensräume, die der Erholung, dem sozialen Miteinander und der Naturbegegnung dienen. Die Grünflächen in der Umgebung des Altstädter Rings werden wenig bis gar nicht genutzt. Diese ungenutzten Bereiche stellen eine verpasste Chance dar, das volle Potenzial dieser wertvollen städtischen Ressourcen auszuschöpfen. Mögliche Ursachen hierfür sind unter anderem fehlende Attraktivität, mangelnde Ausstattung und schlechte Erreichbarkeit. 

© Axthelm Rolvien Architekten
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Lösungsansätze

Durch verkehrstechnische Umstrukturierung, Förderung nachhaltiger Mobilität und Neubauquartiere für ca. 700 Wohnungen und Gewerbeansiedlungen wird die Lebensqualität gesteigert.

Die Neustrukturierung und partielle Überbauung von Verkehrs- und Aufenthaltsflächen erlaubt zukünftig eine fußläufige Erreichbarkeit aller Stadtteile unter Beibehaltung der erforderlichen Verkehrsinfrastruktur.

Ein neuer Stadtpark als topographische, parkähnliche Verknüpfung zielt unter Beibehaltung der erforderlichen Flächenpotentiale für zukunftsträchtige Mobilitätskonzepte auf eine lebenswertere, nachhaltigere Stadt ab und separiert die hochfrequentierten Verkehrstrassen von den fußläufig erreichbaren Aufenthaltsbereichen. 

Mobility HUBs und Micromobility sind die zentralen Elemente eines innovativen Verkehrsträgerkonzeptes. Die Vernetzung von nachhaltigen Fortbewegungsmitteln wie selbstfahrendem Individualverkehr, digitalisiertem Carsharing, autonomen Lieferdrohnen, Urban Air Mobility, E-Scootern, Bike-Sharing, Cargobikes, etc. fördert die innerstädtische Mobilität und reduziert Umweltbelastungen wir Lärm und CO2-Emissionen.

Zukünftig soll nur eine Fahrspur für den individuellen Verkehr, eine Spur für den autonomen Verkehr und eine weitere für den öffentlichen Verkehr vorgehalten werden. Eine Verkehrsberuhigung durch Reduzierung der Fahrspuren reicht jedoch nicht aus, um die vielfältigen städtebaulichen und infrastrukturellen Probleme zu bewältigen. Ausschließlich verkehrsberuhigende Maßnahmen werden den Verkehr in die angrenzenden Straßen und die damit verbundenen Probleme nur verlagern. 

Ein erhöhter Stadtpark, kann als Überbauung der Verkehrstrassen unter Berücksichtigung optimierte Belichtungs- und Belüftungsverhältnissen einen nachhaltigen grünen Stadtraum schaffen und so die bisher unzureichende Infrastruktur von zu schmalen Gehwegen, fehlenden Radwegen und mangelhafter Aufenthaltsqualität optimieren. Die funktionale Gliederung von Verkehrs- und Aufenthaltsflächen verbessert die Sicherheit und den Komfort für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer und ermöglicht die Entwicklung attraktiver Stadträume mit optimierten Wege- und Funktionsangeboten. Der Altstädter Ring in Spandau entwickelt sich mit innovativen Verkehrs- und Wohnkonzepten zu einem attraktiven Stadtquartier.

© Axthelm Rolvien Architekten
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Umstrukturierung der bestehenden Grünflächen: Die bereits vorhandenen Grünflächen sollen neugestaltet und aktiv genutzt werden, um die Lebensqualität der Bewohner zu steigern und die städtische Biodiversität zu fördern. Durch die Integration von Parks und Grünflächen in die Stadtstruktur werden attraktive Naherholungsgebiete geschaffen, die zur Erholung und Entspannung einladen. 

Erhöhter Stadtpark über der Straße Altstädter Ring: Diese neuen Grünflächen sollen als grüne Lunge eine wichtige Rolle bei der Verbesserung des städtischen Mikroklimas spielen, sowie als markantes Landschaftselement dienen. Des Weiteren ermöglicht der erhöhte Stadtpark die Verbindung für Fußgänger, Fahrräder, etc. zwischen der historischen Altstadt und den angrenzenden Stadtquartieren und schafft so ein Gefühl von Kontinuität und städtischer Zusammengehörigkeit. Mit Hilfe der Umstrukturierung von Neubauflächen können neue Gewerberäume und Wohnquartiere entwickelt werden, die das städtische Leben ergänzen. Das Beispiel am Bahnhof Porta Garibaldi in Mailand zeigt mit dem Parco Biblioteca degli Alberi in Verbindung mit der Bebauung Bosco Verticale eindrucksvoll, wie städtische Architektur und urbane Grünflächen zukunftsorientiert und nachhaltig realisiert werden können.

Grüner Wall um die autofreie Altstadt: Eine Umrandung in Form von Grünflächen wird dazu beitragen, die Bereiche entlang der historischen Altstadt und die Uferpromenade aufzuwerten. Die Altstadt soll weitgehend autofrei und der Lieferverkehr umstrukturiert werden, um die Belastung durch den Autoverkehr zu reduzieren. 

Umstrukturierung der Fahrspuren und intermodale Verkehrssysteme: Durch die neue Anordnung der Fahrspuren des Altstädter Rings und die Förderung von autonomen Carsharing-Systemen hoffen wir, den individuell genutzten Verkehr zu reduzieren und effizientere, bzw. nachhaltige Mobilitätsformen zu fördern. Dies kann durch die Schaffung von exklusiven Fahrspuren für digital und autonom gesteuerte Automobile, durch die Verbesserung der Infrastruktur für Fahrräder, Scooter und andere Klein-Fahrzeuge, sowie durch die Förderung und Erreichbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden.

E-Mobilität und autonomes Fahren: Darüber hinaus sollten innovative Verkehrskonzepte und Digitalisierungstechnologien eingesetzt werden, um den Verkehr effizienter zu gestalten und die einzelnen Verkehrsträger besser miteinander zu verknüpfen. Der Übergang zur E-Mobilität und zum autonomen Fahren verändert die Art und Weise, wie wir die Gestaltung städtischer Infrastrukturen betrachten. Die Förderung von E-Mobilität mit großflächigen Photovoltaikanlagen auf dem Bahnhofsgelände könnten zusätzlich zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen. Wir wollen gewährleisten, dass die aktuell bereits verfügbaren technologischen Potenziale ihren Beitrag zur Verbesserung der Effizienz und Nachhaltigkeit unserer Stadt leisten.

Ladekapazität und Digitalisierung von Parkplätzen: Die Digitalisierung von Parkplätzen kann die Parkplatzsuche erleichtern und die Nutzung des vorhandenen Parkraums optimieren sowie die effiziente Verwaltung städtischer Mobilität erleichtern. Durch die Implementierung intelligenter Parkraummanagement-Systeme werden Staus reduziert und die Benutzererfahrung verbessert. Durch die Integration von Elektroautos als Energiespeichervolumen in das städtische Energiemanagement werden die erneuerbaren Energien effizienter genutzt und das Stromnetz stabilisiert.

Optimiertes Mobilitätskonzept: Das optimierte Mobilitätskonzept durch Mobility Hub und Micro Mobility gewährleistet eine effiziente und nachhaltige Transportinfrastruktur durch Bequemlichkeit, Sicherheit und hohe Frequenz, um den Bedürfnissen der Nutzer gerecht zu werden. In der unteren Ebene des Stadtparks werden Flächen für Autonomes-Carsharing, Roller-Sharing, Bikesharing, Fahrrad-Servicestation und Fahrradparkplätzen geschaffen. Der integrative Ansatz die verschiedenen Verkehrsmittel miteinander zu verknüpfen, sowie Nachhaltigkeit durch Elektromobilität und erneuerbare Energien tragen zur Attraktivität und Effizienz der Mobilitätslösung bei. 

Ein neuer Bahnhof mit Bahnhofsvorplatz als intermodales Zentrum: Eine Erweiterung- bzw. ein Umbau des Bahnhofs, der zukünftig als intermodales Zentrum bzw. Mobility Hub konzipiert ist, soll die Verbindung zur Stadt herstellen, Parkplätze und Bereiche für autonome Carsharing-Fahrzeuge bieten und den Wechsel zu anderen öffentlichen Verkehrsmitteln erleichtern. Durch die Schaffung eines großzügigen, gut gestalteten Vorplatzes kann nicht nur die Funktionalität verbessert, sondern auch die Aufenthaltsqualität erheblich gesteigert werden. Dieser Platz könnte als Treffpunkt und Verteilerfläche dienen um verschiedene Verkehrsströme besser zu lenken. 

Ikonisches Gebäude auf dem Falkenseer Platz: Zur Revitalisierung des Kreisverkehrs und zur effizienten Nutzung der 6.000 m² großen Fläche schlagen wir die Schaffung eines ikonischen Gebäudes vor, das als Landmark dient. Dieses multifunktionale Gebäude beherbergt Büros, Parkplätze und ergänzende Dienstleistungen und dient ebenfalls als weiterer Teil des Mobilitätshubs. Ein Drohnenflugplatzes auf dem Dach für Lieferverkehr und Personenbeförderung kann die Zukunft der urbanen Mobilität und Logistik revolutionieren. Mit einem richtungsweisenden Nutzungskonzept kann dieses Gebäude ein wichtiger Bestandteil einer smarteren und nachhaltigeren Mobilität am Altstädter Ring sein. 

Neuen Wohnraum schaffen: Ein weiterer wichtiger Aspekt der städtebaulichen Neuordnung ist die Schaffung von neuem Wohnraum. Mithilfe von Flächen-Transformation und Neubau können ca. 150.000 qm neue Bruttogeschossfläche um den Altstädter Ring entstehen. Es gilt eine Steigerung der Attraktivität des Standortes als Wohnquartier zu erzeugen, um eine nachhaltige Wiederbelebung des gesamten Stadtteils zu erreichen. Durch eine innovative Bauweise, neue Wohnkonzepte und eine nachhaltige Stadtplanung kann hier attraktiver und bezahlbarer Wohnraum in großem Maßstab geschaffen werden. 

© Axthelm Rolvien Architekten
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Fazit

Zusammenfassend stellen die vorgeschlagenen Eingriffe für den Altstädter Ring einen entscheidenden Schritt hin zu einer lebenswerteren, nachhaltigeren und vollständig integrierten Stadt dar. Durch die Bewältigung der Herausforderungen an ein unabdingbares Verkehrsaufkommen, die vielschichtigen Umsteigebedürfnisse, einen komfortabel funktionierenden Nah- und Fernverkehr und der hierfür notwendigen städtebaulichen Grundvoraussetzungen, können wir mit innovativen Lösungen den erforderlichen Verkehrsraum mit all seinen Mobilitätsanforderungen in einen Stadtraum verwandeln, der das städtische Leben in all seinen Facetten berücksichtigt. Durch eine umfassende Umstrukturierung der Grünflächen, eine Verkehrsentlastung und die Förderung nachhaltiger Mobilität, sowie die Schaffung von neuem Wohnraum und Gewerbeflächen kann anstelle des bisher stark belastetem Verkehrsknotenpunktes eine lebenswertere und nachhaltigere Stadt entstehen. 

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Team

Das Büro Axthelm Rolvien steht für konstruktive Planungsarbeit, die die zukünftigen Ansprüche an Städtebau und Gebäude antizipiert. „Geradlinige Konsequenz, abgeleitet aus der notwendigen Funktionalität, bestimmt unsere Architektur. Ein hoher Anspruch an Nach­haltigkeit, Materialität und Wertigkeit prägt die Entwürfe.“

https://www.axthelm-rolvien.de/