Westachse

Nationalsozialistische Diktatur

Während der NS-Diktatur sollte Berlin neu gestaltet werden. Bekannt sind die Planungen der Nord-Süd-Achse mit der „Halle des Volkes“ und dem „Triumphbogen“. Der Verkehrsplan des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt, Albert Speer, sah aber auch den totalen Ausbau des Berliner Großraums zugunsten des Automobils vor. Innerhalb Berlins wurden die Pläne vor allem entlang der Westachse Wirklichkeit. Vom Brandenburger Tor bis zum Scholzplatz finden sich bauliche Spuren der NS-Zeit. Für jeden sichtbar sind die „Speer-Kandelaber“. Aber nur wenige wissen, dass die Siegessäule erst 1938/39 an den Großen Stern versetzt wurde. Auch das Charlottenburger Tor mit der Charlottenburger Brücke ist in seiner jetzigen Gestalt ein Produkt der NS-Zeit, ebenso der Bau des heutigen Ernst-Reuter-Hauses und der Vorplatz der Technischen Universität. Weiter im Westen sollten der Mussolini-Platz (heute Theodor-Heuss-Platz) und die gigantische Hochschulstadt folgen. Den westlichen Abschluss der geplanten Achsen-Bebauung bildete schließlich ein großräumiges Weltausstellungs­gelände auf Pichelswerder.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Westachse mit Speer-Kandelabern und Festausschmückung, 1939

Der Ausbau der Westachse im Abschnitt zwischen Siegessäule und S-Bahnhof Tiergarten zur via triumphalis der NS-Diktatur war 1939 gerade abgeschlossen. Er war die erste sichtbare Baumaßnahme des Generalbauinspektors Albert Speer im Rahmen der „Neugestaltung der Reichshauptstadt“.
 

Von der Chaussee nach Charlottenburg zur via triumphalis

Der Umbau des Straßenabschnitts zwischen Brandenburger Tor und dem heutigen Theodor-Heuss-Platz bildete den Auftakt zur Gestaltung der Westachse. Im Zuge ihres Ausbaus wurde von November 1937 bis April 1939 der 7,4 Kilometer lange Straßenzug durchgehend auf eine Breite von 50 Metern aufgeweitet. Das auf 33 Metern ausgelegte Fahrbahnprofil mit planebenen Mittelstreifen wurde über die gesamte Länge mit den monumentalen „Speer-Kandelabern“ eingefasst. Der Abschnitt zwischen Brandenburger Tor und dem heutigen Ernst-Reuter-Platz, der als Aufmarsch- und Paradestraße vorgesehen war, erhielt zusätzlich eine kulissenhafte Ausschmückung mit Pfeilern und Pylonen.

© Hansa Luftbild AG
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Westachse im ausgebauten Zustand zwischen Brandenburger Tor und Technischer Hochschule (heute: TU Berlin), 1939

Das Schrägluftbild zeigt im Vordergrund die im Zuge der Aufweitung des Straßenprofils auf 50 Meter umgebaute S-Bahn-Unterführung sowie die neue Straßenbrücke über die Spree mit dem verbreiterten Charlotten­burger Tor.

© Hansa Luftbild AG
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Der neugestaltete Große Stern mit der vom Platz der Republik hierher trans­lozierten Siegessäule, 1939

Der Platz erhielt erst im Rahmen des Ausbaus der Westachse seine monumentale, kreisrunde Form mit einem Durchmesser von 200 Metern. Die Aufstellung der in Größe und Proportion von Albert Speer veränderten Siegessäule sowie der Denkmäler von Bismarck, Moltke und Roon machten den Großen Stern zum „Forum des Zweiten Reiches“.

Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 61
Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 61
Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 61

Haus des Deutschen Gemeindetages (heute: Ernst-Reuter-Haus), Entwurf: Walter Schlempp mit Karl Elkart, Modell und Lageplan

Das zwischen 1938 und 1942 errichtete monumentale Gebäude war der erste Großbau an der Westachse, der im Rahmen der Neugestaltungsmaßnahmen entstanden war. Er gab mit seiner architektonischen Gestaltung zugleich das Muster für die weiteren Repräsentationsbauten an der Achse vor.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Charlottenburger Brücke mit dem Charlottenburger Tor, Ansicht und Lageplan, 1938

Der Ausbau der Westachse auf die Breite von 50 Metern erforderte eine Verbreiterung der Spree-Brücke. Mit deren Neubau musste auch das Charlottenburger Tor neu aufgestellt werden.

Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 250 und 251
Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 250 und 251
Aus: Die Kunst im Dritten Reich. Zentralverlag der NSDAP. 2. Jg./ Folge 11, Ausgabe B. München 1938, S. 250 und 251

Haus der Deutschen Ärzteschaft, Entwurf: Carl Cramer, Modell und Lageplan, 1938/39

Dem Hauptgebäude der Technischen Hochschule gegenüber gestellt, sollte der Großbau mit diesem einen granitgepflasterten Platz begrenzen, auf dem die Ehrentribünen für Militärparaden installiert werden konnten. Der Entwurf kam jedoch kriegsbedingt nicht zur Ausführung.
 

Vom Adolf-Hitler-Platz zum Mussolini-Bahnhof

Der heutige Theodor-Heuss-Platz, bis 1933 Reichskanzlerplatz und zwischen 1933 und 1945 Adolf-Hitler-Platz, sollte im Rahmen des Ausbaus der Westachse grundlegend umgebaut werden. Auf Hitlers Wunsch sah die Planung für den Platz eine gigantische Denkmalanlage vor, die Mussolini gewidmet war. Zudem war geplant, den S-Bahnhof Heerstraße zum Mussolini-Staatsbahnhof auszubauen. Während sowohl der Mussolini-Platz als auch der Mussolini-Bahnhof kriegsbedingt nicht zur Ausführung gelangten, entstanden auf diesem Achsenabschnitt einige Großbauten, die noch heute eine Vorstellung von der vorgesehenen Achsenarchitektur vermitteln.
 

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Modell eines Monuments für Mussolini auf dem Adolf-Hitler-Platz (bis 1933: Reichskanzlerplatz, heute: Theodor-Heuss-Platz), Entwurf: Albert Speer, 1939

Nach Fertigstellung der monumentalen Denkmalanlage mit der Skulptur eines Kriegers von Arno Breker sollte der Platz auf Hitlers Wunsch in Mussolini-Platz umgetauft werden.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Zeichnung des geplanten Mussolini-Platzes mit der Denkmalanlage (Entwurf: Albert Speer) und dem Reichsrundfunkhaus (Entwurf: Hanns Dustmann), Planungsstand 1940

Nach Dustmanns Planung sollte die überkommene Platzarchitektur zugunsten einer aus zwei einheitlich gestalteten, durch Halb­bögen gebildeten Umbauung, die die Denkmalanlage umfängt, getilgt werden.

Aus: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Stadt und Bezirk Charlottenburg. Tafelband. Berlin 1961, Abb. 144
Aus: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Stadt und Bezirk Charlottenburg. Tafelband. Berlin 1961, Abb. 144

Bürogebäude zwischen Bayernallee und Württembergallee, Entwurf: Paul G. R. Baumgarten und Paul Emmerich, erbaut 1938–1941

Der Gebäudekomplex wurde in zwei Bauabschnitten errichtet, wobei der westliche Bauteil für die Verwaltung der Philipp Holzmann AG bestimmt war und der 1941 fertiggestellte größere östliche Bauteil für die Reichsführung der Hitlerjugend (HJ).
 

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Hauptverwaltung der Schultheiss Brauerei A.G., Entwurf: Werner Lattermann, erbaut 1938/39

Die Zeichnung des Architekten zeigt das an der Ecke zur Württembergallee errichtete Gebäude in seiner realisierten Gestalt. Es lehnt sich in seiner architektonischen Haltung stark an den benachbarten Gebäude­komplex von Philipp Holzmann und der Reichsjugendführung an.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Mussolini-Staatsbahnhof, Modell des Empfangsgebäudes und Lageplan, Entwurf: Theodor Dierksmeier, Planungsstand 1940

Die S-Bahn-Station Heerstraße sollte auf Anordnung Hitlers zum Ehrenbahnhof für den „Duce“ ausgebaut werden, da dieser anlässlich seines Besuchs in Berlin im September 1937 hier von ihm empfangen wurde.

Die Großplanungen für die Hochschulstadt und das Weltausstellungsgelände

Das Großprojekt Hochschulstadt war als Höhepunkt des Achsenabschnittes westlich des geplanten Mussolini­Platzes gedacht. Hierzu wurde vom Generalbauinspektor im Dezember 1937 ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben. Die Planung der Hochschulstadt zog sich indes bis Anfang 1943 hin und kam nicht mehr zur Ausführung. Allein die Wehrtechnische Fakultät, die aus dem komplexen Bauprogramm aufgrund der Ende 1936 beginnenden Kriegsplanungen ausgekoppelt wurde, war im Rohbau erstellt. Sie befindet sich heute unter den Trümmern, die den Teufelsberg bilden. Noch weiter westlich war auf Pichelswerder ein flächenintensives Weltausstellungs­gelände vorgesehen.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Die Hochschulstadt („Adolf-Hitler-Universität“), Modell und Lageplan, Planungsstand 1943

Modell und Lageplan zeigen die vom Generalbauinspektor zur Realisierung vorgesehene letzte Planfassung der Hochschulstadt. Sie sollte eingedenk des Reichssportfelds, welches zu deren Bestandteil gemacht worden wäre, den architekturräumlichen Höhepunkt der Westachse bilden.
 

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Städtebaulicher Entwurf des Generalbauinspektors für die westlich der Hochschulstadt gelegene Insel Pichelswerder, Vorplanung 1937/38

Die Planung sah für Pichelswerder ein weiträumiges Weltausstellungsgelände vor, welches sich unter Einschluss der Westachse über die gesamte Insel erstreckte. Es war in seiner Größe der Hochschulstadt vergleichbar.
 

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Entwurfsskizze für das geplante Weltausstellungsgelände auf der zwischen Havel und Stößensee gelegenen Insel Pichelswerder, Juli 1937

Das wenig bekannte Projekt war mit der Hochschulstadt eines der ersten städtebaulichen Vorhaben, die der am 30. Januar 1937 eingesetzte „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin“ im Rahmen des Ausbaus der Westachse plante.

Der große Plan für die „Neugestaltung der Reichshauptstadt“

Die Westachse war essenzieller Bestandteil der „Neugestaltungsplanungen“, auf deren Grundlage Berlin bis 1950 zum Machtzentrum eines Großreichs ausgebaut werden sollte. Als neue Stadtgrenze war der geplante Autobahnring vorgesehen. Das Grundgerüst des Stadtraums bildete ein Achsenkreuz, das durch vier konzentrische Ringstraßen und eine Vielzahl von Radialstraßen ergänzt wurde. Die Planungen von Generalbauinspektor Albert Speer und die partiell erfolgten Umsetzungen standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem brutalen Raubkrieg, der Verfolgung und Deportation der Juden und dem Einsatz von Zwangsarbeitern.

© Landesarchiv Berlin, A Pr Br Rep. 107 (Karten) Nr. 227 Generalbebauungsplan 1942
© Landesarchiv Berlin, A Pr Br Rep. 107 (Karten) Nr. 227 Generalbebauungsplan 1942

Der Generalbebauungsplan des Generalbauinspektors (GBI) Albert Speer, Planungsstand 1942

Das Planwerk zeigt den letzten Stand der „Neugestaltung der Reichshauptstadt“. Es offenbart den signifikanten Stellenwert, der der Ost-West-Achse im Kontext des strukturprägenden Straßensystems, bestehend aus Achsenkreuz und Ringstraßen, zukam.
 

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Nord-Süd-Achse zwischen Nordbahnhof (oben) und Südbahnhof (unten), letzte Planfassung des GBI von Februar 1942

Südlich vom „Großen Platz mit der Volkshalle“ befindet sich der Schnittpunkt der gigantischen Nord-Süd-Achse mit der Westachse, die in Verlängerung der Straße Unter den Linden bis zum äußeren Autobahnring reicht. Der auffällige Dimensionsunterschied der Straßen verdeutlicht die Dominanz der Nord-Süd-Achse.

Fotobestand W. Schäche, Berlin
Fotobestand W. Schäche, Berlin

Städtebauliches Modell des Kreuzungs­bereichs von Westachse und Nord-Süd-Achse, Planungsstand 1940

Entlang der Westachse sind die den Eingang zum „Großen Platz“ akzentuierenden und in der äußeren Form einander gleichenden Gebäuderiegel der neuen „Neuen Reichskanzlei“ (links) und des „Oberkommandos der Wehrmacht“ (rechts) angeordnet.
 

© bpk/Deutsches Historisches Museum/Agentur Schirmer
© bpk/Deutsches Historisches Museum/Agentur Schirmer

Militärparade auf der fertiggestellten Westachse, 20. April 1939

Anlässlich des 50. Geburtstags Adolf Hitlers paradieren Wehrmachtsverbände im festlich geschmückten Abschnitt zwischen Brandenburger Tor und Großer Stern. Das Bild belegt eindrucksvoll die eigentliche Absicht, die dem Ausbau der Westachse zugrunde lag, nämlich Paradestraße und Bühne für die Machtdemonstrationen der NS-Diktatur zu sein.

© Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo
© Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo

Marschkolonnen vor der Ehrentribüne der Geburtstagsparade, 20. April 1939

Die Tribüne befand sich gegenüber dem Vorplatz des Hauptgebäudes der Technischen Hochschule (heute: TU Berlin). Hitler nahm hier die mehr als vier Stunden andauernde martialische Militärparade ab – ein beredter Vorbote auf den im September mit dem Überfall auf Polen beginnenden Zweiten Weltkrieg.

Die Westachse heute

Bedingt durch die massiven Kriegsschäden, die Verkehrsplanungen und baulichen Maßnahmen, die vor allem im Rahmen des „Wiederaufbaus“ erfolgten, bietet die Westachse heute ein Bild unterschiedlicher Raumqualitäten. Sie erweist sich dabei mehr als Addition einzelner Straßenabschnitte denn als ein in seiner baulichen Gestalt durchgängiger Straßenzug. So kennzeichnen die Achsenabschnitte wechselnde Fahrbahnprofile und verschiedene Beleuchtungssysteme. Nachhaltige architektonische Eingriffe stellen im Bereich des Tiergartens das markante Ehrenmal der Roten Armee dar sowie die nüchterne Gestaltung des Vorplatzes des TU-Haupt­gebäudes. Zudem offenbart sich die Anlegung des maßstabslosen Ernst-Reuter-Platzes anstelle des „Knies“ für die vormalige Straßenführung als eine deutliche räumliche Zäsur, während der weitgehend in seiner historischen Form überkommene Theodor-Heuss-Platz durch das signifikante Hochhaus des RBB eine neue architekturräumliche Qualität erhielt.

© Manuel Cohen/akg-images
© Manuel Cohen/akg-images

Zeichen des Sieges: Sowjetisches Ehrenmal der Roten Armee

Das Denkmal mit Soldatenfriedhof wurde nach kurzer Bauzeit am 11. November 1945 mit einer Parade der alliierten Truppen ein­geweiht. Geplant wurde es von den Bildhauern Lew Kerbel und Wladimir Zigal sowie dem Architekten Nikolai Sergijewski. Es war der erste Bau, der nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs im zerstörten Berlin errichtet wurde.

© Maximilian Meisse
© Maximilian Meisse

Vergessener NS-Platz: Großer Stern im Tiergarten

Als monumentaler Denkmalplatz zwischen 1937 und 1939 mit einem Spiral-Kreisverkehr angelegt, wurde der Große Stern in den späten 1980er Jahren einer umfassenden Renovierung unterzogen. Damals erhielt er anstelle der ursprünglichen Speer-Kandelaber „Schinkel-Leuchten“ und pseudohistorische Straßenschilder. Damit wurde seine Geschichte verwischt.

© Maximilian Meisse
© Maximilian Meisse

Nachkriegsauftritt der TU Berlin: Hauptgebäude TU mit steinernem Vorplatz
Der glatte, konturlose Gebäuderiegel mit asymmetrisch angebautem Audimax entstand nach Plänen von Kurt Dübbers und Karl Heinz Schwennicke zwischen 1961 und 1965. Der uninspirierte Neubau mit gestaltlosem Vorplatz vermag nicht ansatzweise an die architekturräumliche Signifikanz des alten Hauptgebäudes anzuknüpfen.

© Maximilian Meisse
© Maximilian Meisse

Kniefall vor dem Automobil: zugige Platzanlage des Ernst-Reuter-Platzes

Die weit ausgreifende, ab 1956 von Bernhard Hermkes geplante Platzfigur erhielt eine aus Solitären gebildete Randbebauung. Alles beherrschend ist aber der mehrspurige Autokreisverkehr. An dem im Gegensatz zum alten „Knie“ wenig urbanen Ort setzt das elegante „Telefunken-Hochhaus“ einen markanten architektonischen Akzent.

© Maximilian Meisse
© Maximilian Meisse

Kunst am Platz: der Theodor-Heuss-Platz, vormals Reichskanzlerplatz, in der NS-Zeit Adolf-Hitler-Platz

Die weithin erhaltene historische Platzinnenfläche wurde 1995 um eine Groß-Plastik („Blauer Obelisk“) der Künstlerin Hella Santarossa bereichert. An der Ostseite wurde bereits 1955 die „Ewige Flamme“, ein Denkmal für die Opfer von Flucht und Vertreibung, aufgestellt. Sie wird von zwei archaisch anmutenden Kopfdarstellungen von Rainer Kriester flankiert. Neu und platzprägend ist der Hochhauskomplex des RBB.
 

Akteure

© Bundesarchiv Bild 146II-277 via Wikimedia Commons
© Bundesarchiv Bild 146II-277 via Wikimedia Commons
Albert Speer (1905–1981)

Der studierte Architekt avancierte nach dem 1931 erfolgtem Eintritt in die NSDAP sehr bald zu deren Parteiarchitekt und wurde am 30. Januar 1937 von Hitler zum „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin“ (GBI) berufen. Ab Februar 1942 war er „Reichsminister für Bewaffnung und Munition“ und organisierte den „totalen Krieg“. Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess wurde er zu 20 Jahren Haft verurteilt.

© via Wikimedia Commons
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Rudolf Wolters (1903–1983)

Der studierte und promovierte Architekt war 1932/33 bei den Sibirischen Eisenbahnen Nowosibirsk/UdSSR tätig. Er arbeitete von 1933 bis 1936 im Büro seines Studienfreundes Albert Speer, ehe er von diesem 1937 zum Leiter der Planungsabteilung des Generalbauinspektors ernannt wurde und 1943 die Leitung des „Planungsstabs für den Wiederaufbau bombengeschädigter Städte“ übernahm. Wolters war seit 1938 Mitglied im Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin.

Hanns Dustmann (1902–1979)

Der Architekt arbeitete zwischen 1929 und 1933 bei Walter Gropius und danach im Reichsbankbaubüro. Ab 1937 war er Chefarchitekt des Kulturamtes und der Bauabteilung der Hitlerjugend. 1939 wurde er zum „Reichsarchitekten der Hitlerjugend“ ernannt. Auch für die Neugestaltung Wiens war er verantwortlich. Bereits ab 1938 arbeitete er im Büro von Albert Speer. Dustmann ist 1944 in die „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen worden.